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Haltungsformen mit Bewegungsanreizen für Pferde

In den vorherigen Beiträgen ging es vermehrt um die Grundfutterfütterung, vor allem von zu dicken Pferden. Die Fütterung ist allerdings nicht die einzige Stellschraube, an der wir außerhalb des Trainings drehen können, um Gewicht auf natürlichem Wege zu verlieren.

Neben der täglichen Bewegung in Verbindung mit dem Menschen sollte man sich die Form der Haltung genauer anschauen. Immerhin verbringt das Pferd den weitaus größten Anteil des Tages damit, in der Box, auf dem Paddock, auf der Weide oder in einem Offenstall zu stehen. Genau an der Stelle befindet sich auch schon der Haken, die Pferde stehen überwiegend rum und bewegen sich nicht mehr, als sie unbedingt müssen. Dabei ist viel freie Bewegung, wenn möglich in einer Gruppe, wichtig für die Gesunderhaltung des Pferdes und führt zusätzlich zu einem leicht erhöhten Energiebedarf. Diesen können wir uns im Falle der zu dicken Pferde zunutze machen, um die Heufütterung artgerechter zu gestalten. Denn selbst ein halbes Kilo mehr Heu, das die Pferde fressen dürfen, kann schon zu kürzeren Fresspausen beitragen.

Freie Bewegung – Nur sinnvoll für dicke Freizeitponys?

Freie Bewegung bedeutet selbstständige Bewegung des Pferdes ohne Einfluss des Menschen, also kein Reiten, Fahren, Longieren oder Laufenlassen.

Vorteile:

  • schmiert die Gelenke
  • durchblutet die Muskulatur
  • stärkt Sehnen und Bänder
  • unterstützt die gesunderhaltende Darmmotorik und beugt so Koliken vor
  • verhilft zu emotionaler Ausgeglichenheit
  • wirkt sich positiv auf die allgemeine Gesunderhaltung des Organismus aus

Spätestens jetzt wird deutlich, dass eine Laufhaltung in Gruppen nicht nur was für „Dicke“ ist, sondern jedes Pferd davon gesundheitlich profitiert. Auch Turnierpferde können problemlos in solchen Haltungen unterkommen und verlieren entgegen der Mythen nicht ihre Leistungsstärke. Eher werden sie ausgeglichener und durch die weiter unten erwähnten unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten sogar trittsicherer auf dem Turnier.

Platz alleine reicht oft nicht

Da der Platz an sich meist wenig Reize für eigenständige, häufige Bewegung bietet, haben sich mit der Zeit verschiedene Haltungsformen entwickelt. Diese setzen auf möglichst viele Bewegungsanreize und versuchen, das Pferdeleben so natürlich es geht zu gestalten.
Dazu gehören der Aktivstall und das Paddock-Trail-Konzept (Paddock Paradies).
Grundsätzlich gilt es, alle Funktionsbereiche zu trennen und möglichst weit voneinander entfernt anzulegen, um die zurückgelegten Strecken zu maximieren.
Mit Funktionsbereichen sind hier die Orte gemeint, an denen z.B. Fress-, Liege-, Ausscheidungs-, Bewegungs- und Sozialverhalten stattfindet. In einer Box findet jegliches Verhalten auf ein paar Quadratmetern statt und das Pferd braucht sich bzw. kann sich nicht vom Fleck bewegen. In Laufhaltungen finden sich z.B. Fressstellen weit von der Tränke entfernt, genau so wie von dem Unterstand oder Liegeplatz. Diese Wege werden so lang gestaltet wie möglich und gleichzeitig weitere Bewegungsanreize gesetzt, wie durch Baumstämme, die den Weg versperren und entweder überschritten oder umgangen werden müssen oder Grünstreifen und Ähnlichem.
Nun macht auch die Grundfläche einen wichtigen Unterschied. In einem 20 mal 20 Meter Offenstall werden sich die Pferde nicht so viel bewegen, wie in einem 800 Meter Paddock Trail. Dennoch sollte versucht werden, jeden Auslauf mit Strukturelementen und Trennung der Funktionsbereiche zu planen, um möglichst viel aus der verfügbaren Fläche herauszuholen.
Ein Paddock Trail besteht grob gesagt aus einem Rundweg mit mehreren Fressstationen, Unterständen, einer Tränke, unterschiedlichen Untergründen und einem Wälzplatz mit feinem Sand. Darüber hinaus können verschiedenste “Raumteiler“ wie Baumstämme am Boden, Totholzhecken, Wasserfurten, Baumgruppen und Salzlecksteinstationen eingebaut werden.
Bis auf den Rundweg sind die Elemente im Aktivstall ähnlich. Hier sind sie nur auf einer großen Fläche statt auf einem Rundweg verteilt angeordnet. In den meisten Aktivställen gibt es auch automatische Fütterungssysteme, die für jedes Pferd eine individuelle Menge an Raufutter, Kraft- und Mineralfutter in vielen kleinen Portionen bereithält.
Es gibt natürlich verschiedene Mischformen dieser Haltungen, um die individuellen Gegebenheiten, so gut es geht auszunutzen.

Ziel ist immer möglichst viel Bewegung neben einer artgerechten Fütterung und unterschiedlichen Untergründen. Die Voraussetzung ist jedoch, dass alle Mitglieder der Herde dabei stressfrei sind.
Gut verbinden lassen sich die Haltungen außerdem mit jeglichen ökologisch wertvollen Elementen wie Büsche und Bäume, Blühstreifen, Wasserrückhaltebecken, Totholzhecken, Steinhaufen und so weiter.
Welche Büsche und Bäume geeignet für Pferde sind, erfahrt ihr in unserem Artikel über „Büsche und Bäume in der Pferdefütterung“. Klick dazu hier.

Verschiedene Untergründe sind von Vorteil für die Hufgesundheit von Barhufern oder solchen, die es werden wollen. Statt weicher Stroheinstreu und Sandpaddock oder Weide, entstehen durch harte Untergründe, wie Beton und Stein, vielfältige Reize auf den Huf. Die Hornqualität und -stabilität verbessert sich und die Hufe sind z.B. auch besser auf lange Ausritte über harten unebenen Boden vorbereitet.
Die verschiedenen Bodenbeschaffenheiten trainieren gleichzeitig den ganzen Bewegungsapparat, sodass durch vermehrten Stimulus der Beine und erhöhter Achtsamkeit und Trittsicherheit die Verletzungsgefahr auf Dauer sinkt. (Natürlich gilt das auch für beschlagene Pferde)
Angrenzende Weideflächen können zur Weidezeit normal genutzt werden. Im Paddock Trail System ist eine Weide am besten innerhalb des Rundweges angelegt