Ausgleichsport

Fit fürs Pferd – wie du mit 3 Übungen deinen inneren Schweinehund überwinden kannst

Warum Ausgleichssport für Reiter so wichtig ist?

Durch das Reiten selbst wird schon ein Großteil der Muskulatur des Reiters/ der Reiterin trainiert, jedoch kommt es schnell zu muskulären Dysbalancen. Zudem hat ein Pferd eine wesentlich bessere Grundkondition als ein Mensch. Möchte man also mit dem Pferd angemessen trainieren oder sogar die Kondition des Pferdes verbessern, sollte man sich als Reiter ebenfalls auf einen guten konditionellen und muskulären Stand bringen. Die Rede ist hier von reitspezifischem Ausgleichssport. Es gibt viele Möglichkeiten Ausgleichssport zu betreiben, wir zeigen euch die Wichtigsten:

Kondition für ein besseres Training im Sattel

Wie zuvor erwähnt ist es nicht verkehrt seine eigene Kondition zu verbessern. Die Trainingseinheiten mit dem Pferd fallen einem dadurch leichter und man kann sich mehr auf die Bedürfnisse des Pferdes einstellen. Sprich, eine Pause einlegen, wenn sie gewollt und sinnvoll ist und nicht wenn einem die Puste ausgeht.

Eine tolle Möglichkeit, um der Puste auf die Sprünge zu helfen, ist Joggen. Dafür empfiehlt sich anfangs 1-2 mal, später dann regelmäßig 2-3 mal in der Woche laufen zu gehen. Sportschuhe und Sportkleidung an (in der dunklen Jahreszeit am besten noch etwas Reflektierendes, damit man nicht übersehen wird) und schon kann es losgehen. Wer nicht gerne laufen geht oder etwas Abwechslung braucht kann sich auch auf ein Fahrrad schwingen, Bahnen schwimmen oder im Fitnessstudio am Rudergerät rudern.

Vielleicht schnappt man sich eine Freundin/Freund aus dem Stall, dann fällt es häufig leichter, sich zu motivieren.

Die Lauf- bzw. Cardioeinheiten sollten immer mindestens 30 Minuten plus 5 Minuten Cooldown lang sein. Wenn du bisher noch völlig unerfahren bist, kannst du die ersten zwei Wochen auch nach 20 min ins sportliche Gehen wechseln. Das ist nicht ganz so anstrengend, aber deine Kondition wird trotzdem trainiert. Später kann der Umfang selbstverständlich auch gesteigert werden. Wenn nur wenig Zeit für zusätzliches Training zur Verfügung stehen sollte, kann man die Kondition auch durch High Intensiv Intervall Training (HIIT) erlangen. Auf Youtube gibt es verschiedene Ideen, dieses zu gestalten. Somit ist die Ausrede der mangelnden Zeit blitzschnell aus dem Weg geschaffen.

Starker Reiter, weiche Hand

Ein weiterer Punkt bei der Fitness des Reiters ist die Kraft. Insbesondere die Adduktoren (Muskelgruppe der Oberschenkelinnenseite), der Rumpf und die Sprunggelenke sollten in top Form sein. Um diese Muskelpartien zu trainieren, findest du weiter unten einige Übungen zum nachmachen.

Das Thema der muskulären Dysbalancen sollte ein Reiter ebenfalls schonmal gehört haben. Genauso wie wir unser Pferd auf beiden Händen gleichmäßig trainieren, um eine gleichmäßige Dehnung und Bemuskelung herzustellen, sollte auch das Training des Reiters diesen Punkt aufgreifen. Dazu solltest du beide Seiten deines Körpers gleichmäßig trainieren und koordinieren können. Außerdem ist es wichtig, darauf zu achten auch das Pferd auf beiden Händen gleichmäßig zu gymnastizieren. 

Außerdem gilt es, muskulären Dysbalancen auch bei den Muskelgruppen keine Chance zu geben. In der Regel gibt es nämlich zu jedem Agonisten auch einen Antagonisten, also einen Muskel, oder Muskelgruppe, die für das Kontrahieren der Muskeln in die andere Richtung verantwortlich ist. So ist der Bizeps zum Beispiel für die Kontraktion (Beugen) des Arms verantwortlich. Der Trizeps ist dementsprechend sein Antagonist. Dieser ist für die Extension (das Strecken) des Arms verantwortlich.

Beim Reiten ist beispielsweise die Rumpfmuskulatur besonders wichtig. Dazu gehören sowohl Bauch- als auch Rückenmuskeln. Sie sind in diesem Fall die Gegenspieler und nur durch eine gleichmäßige Kräftigung kann der Reiter stabil, ausbalanciert und aufgerichtet sitzen. Sobald eine der beiden Muskelgruppen zu stark ausgeprägt ist, kommt man ins Hohlkreuz, knickt in der Hüfte ein oder kippt das Becken nach hinten.  All das führt wiederum zu Balanceproblemen, falscher Hilfengebung und Dysbalancen im Pferdekörper, denn die Pferde müssen unseren schiefen Sitz am Ende immer ausgleichen.

Balance – finde deinen Schwerpunkt

Die Balance des Reiters muss genauso wie die Muskeln besonders geschult werden, um einen ruhigen und ausbalancierten Sitz zu gewährleisten. Dafür können viele der klassischen Kräftigungsübungen einfach von dem normalen Boden auf eine wackelige Unterlage verlegt werden. Dadurch wird zum einen die Balance trainiert, zum anderen werden auch die tieferliegenden Muskelschichten gestärkt. Dies führt wiederum zu einer besseren Stabilität und Körperspannung.

Übungen für eine gute Balance können gut zwischendurch eingebaut werden. Zum Beispiel kannst du beim Zähneputzen ein großes Handtuch gefaltet auf den Boden legen. Während du die Zähne putzt, versuchst du einfach abwechselnd auf einem Bein auf dem Handtuch zu stehen. Oder beim Kochen mal versuchen mit geschlossenen Augen und auf einem Bein stehend, umzurühren (Aber aufpassen, dass man sich nicht verbrennt!).

Stretch and Relax

Wer abends gerne noch einen Film oder eine Serie schaut, kann diese Zeit perfekt nutzen um die Muskeln zu dehnen und – wenn vorhanden- mit einer Faszienrolle auszurollen.

Das Dehnen sorgt dafür, dass der Körper beweglich bleibt. Beim Dehnen gilt es zu beachten, dass die Muskulatur vorher richtig aufgewärmt wird, um Muskelfaserrisse zu verhindern. Zudem sollte das Dehnen entweder getrennt von den Kraftübungen stattfinden oder aber davor. Sich nach dem Krafttraining zu dehnen ist fatal. Während des Krafttrainings werden die Muskeln stark kontrahiert (zusammengezogen). Sie werden stark durchblutet und dadurch “aufgepumpt”. Wird dieser Muskel nun gedehnt, also auseinander gezogen, stellt es leider überhaupt keinen Nutzen, dafür aber tendenziell ein Verletzungsrisiko dar.

Andere Sportart, andere Vorteile

Für diejenigen, die mit dem klassischen Fitness nicht viel anfangen können oder generell gerne viel Abwechslung mit einbauen wollen, kommen hier noch einige Sportarten, die ergänzend zum Reiten für einen fitten Körper sorgen:

YOGA: Beim Yoga kommen viele der oben angesprochenen Punkte zusammen. Zum Beispiel kräftigt es die Muskulatur, sorgt für einen mobilen Körper und hat noch einen neuen, großartigen Nebeneffekt. Durch das bewusste Wahrnehmen der Atmung kommt Yoga dem Meditieren recht nah. Man lernt sich zu fokussieren und unwichtige Details auszublenden. Diese Fähigkeit lässt sich auf den Umgang mit Pferden und das Reiten sehr gut übertragen. Pferde sind absolute Profis darin, sich nur auf eine einzige Sache zu fokussieren. Ein Grashalm, den sie unbedingt haben wollen, etwas gruseliges, was sie erspäht haben. Sie lassen sich dann kaum von etwas anderem beeindrucken. Ein guter Reiter sollte diese Fähigkeit bei sich selbst erweitern. Ein Pferd wird unter einem fokussierten Reiter anders laufen, als unter einem Reiter, der noch an die verschiedensten anderen Dinge denkt. Was es zum Abendessen geben soll, Stress bei der Arbeit oder die nächste Klausur die ansteht.

Yoga sorgt also sowohl Physisch, als auch Mental für einen super Ausgleich neben dem Reitsport.

INLINESKATING: Beim Inlineskating werden die häufig weniger gestärkten Abduktoren trainiert. Zudem fördert auch diese Sportart die Kondition, das Gleichgewicht und macht dazu auch noch richtig viel Spaß. Vielleicht kann im Sommer ja mal die beste Freundin zu einer Runde gemeinsames Inlineskaten überredet werden.

TANZEN: Rhythmus ist hier gefragt! Unterstütze dein Pferd den Takt zu halten, indem du selbst übst im Takt zu tanzen. Das macht richtig viel Spaß und sorgt zu dem auch für ein gutes Bewusstsein des eigenen Körpers, eine bessere Kondition sowie Koordination.

Übungen zum Nachmachen

Übung 1: Rücken- Latzug in Bauchlage + Windmühle

Bezug zum Reitsport: Durch diese Übung wird der hintere Teil des Rumpfes gestärkt. Der Rückenstrecker sorgt für eine aufrechte Haltung. Wird dieser gestärkt fällt es der Reiterin oder dem Reiter leichter ruhig und ausbalanciert zu sitzen. Die Extremitäten können freier bewegt werden ohne aus dem Gleichgewicht zu kommen. Hilfen können präziser gegeben werden und das Becken kann lockerer mit der 3D-Bewegung des Pferdes mitschwingen.

Beanspruchte Muskeln: Rückenstrecker, Muskelpartien des oberen Rücken

Ausgangsposition: Auf dem Bauch liegend, Blick nach unten, Fußspitzen auf dem Boden aufgestellt. Brust anheben. Für den ersten Teil der Übung nun die Arme etwa hüftbreit vor den Kopf ausstrecken (90° in der Armbeuge). Ein Stab, Stock oder Besen kann hier zu Hilfe genommen werden. Der wird einfach hüftbreit angefasst und dann ebenfalls vor den Kopf ausgestreckt.

Bewegungsablauf: Nun werden die Arme langsam am Kopf vorbei zurückgeführt, bis die Hände etwa auf der Höhe der Schultern sind. Die Ellenbogen sollen dabei hinter dem Rücken zueinander geführt werden. Anschließend werden die Arme wieder in die Ausgangsposition geführt und der Bewegungsablauf wiederholt.

Bei der zweiten Übung ist die Ausgangsstellung gleich, allerdings werden die Arme nun entgegengesetzt nach vorne bzw. hinten ausgestreckt. Die gestreckten Arme werden dann abwechselnd über die Seite nach oben bzw. unten geführt.

Hinweise: Kopf als Verlängerung der Wirbelsäule, kein Hohlkreuz bilden, den Atem nicht anhalten, sondern gleichmäßig ein- und ausatmen.

Übung 2: Gesäß + Oberschenkel Kniebeuge auf weichem Untergrund

Bezug zum Reitsport: Durch die Kniebeuge auf einem wackeligen Untergrund wird zum einen bezweckt, dass alle betroffenen Muskeln während der gesamten Übung arbeiten. Dadurch, dass der Körper während der Kniebeuge auch noch den wackeligen Untergrund ausgleichen muss, wird zum einen die Balance geschult und zum anderen werden die Sprunggelenke trainiert und das Fußgelenk gestärkt. Dies unterstützt ein starken Fuß im Steigbügel. Des Weiteren kann durch das Ausbalancieren die Tiefenmuskulatur trainiert werden. Dies führt zu einem besseren und sicheren Sitz.

Ausgangsposition: Hüftbreiter Stand. Die Fußspitzen zeigen leicht nach außen, Knie folgen den Fußspitzen.

Bewegungsablauf: Langsam das Gesäß nach hinten unten schieben. Den Oberkörper dabei möglichst aufrecht lassen. Langsam wieder in die Ausgangsstellung zurückkehren und den Ablauf wiederholen.

Die Übung sollte möglichst auf einem Untergrund sein, der in verschiedene Richtungen nachgibt (z.B. Halber Gymnastikball, ein Balancekissen, ein Wackelbrett o.Ä.). Jedes Fitnessstudio sollte solche Geräte für die Verbesserung der Balance haben. Als Alternative für zu Hause kann z.B. auch ein stark gepolstertes Kissen, eine weiche Matratze oder Ähnliches als Untergrund herhalten.

Hinweise: Die Knie zeigen stets nach außen und werden niemals zueinander geführt. Der Rücken bleibt gerade, es darf kein Buckel / Hohlkreuz entstehen. Der Blick sollte sich auf einen Punkt fokussieren.

Übung 3: Core – Planken mit Seitdrehung

Bezug zum Reitsport: Bei dieser Übung wird die Vorderseite des Rumpfes gestärkt. Zu dem werden durch die seitliche Drehung auch die seitlichen und schrägen Bauchmuskeln trainiert. Wenn die Unterarme auf einem wackeligen Untergrund abgelegt werden, können die tiefer liegenden Bauchmuskeln mit dieser Übung getroffen und trainiert werden.

Ausgangsposition: Unterarme parallel zum Körper auf dem Boden ablegen. Fußspitzen aufgestellt, Ellenbogen befinden sich unter den Schultern, Kopf als Verlängerung der Wirbelsäule. Bauchnabel einziehen und Gesäß auf eine Höhe mit dem Rücken bringen (Gesäß weder durchhängen lassen noch in die höhe strecken).

Bewegungsablauf: Die Hüfte/ Das Gesäß nach links kippen, bis fast der Boden berührt wird. Dabei sollte der Oberkörper gerade bleiben, die Füße können etwas mit kippen. Nun das Gesäß langsam wieder in die Ausgangsposition bringen und gleich nach rechts kippen. Den Bewegungsablauf weiter ausführen.

Dabei werden sowohl die geraden, als auch die schrägen Bauchmuskeln beansprucht und gestärkt. Als Steigerung, um auch hier die Tiefenmuskulatur zu stärken können die Unterarme auf einen wackligen oder weichen Untergrund abgelegt werden.

eure Mathilda